Kirche "Zur Himmelspforte"

Früher bestatteten die Christen ihre Toten rund um die Kirche. In manchen vorwiegend ländlichen Gemeinden bilden Gotteshaus und Gottesacker noch heute eine Einheit. Das war ehedem in Münchberg nicht anders. Seit dem Bestehen der ersten „Stadtkirche“ gab es neben ihr wohl auf dem jetzigen Kirchplatz einen Friedhof. Dieser wurde im Jahr 1556 wegen Überbelegung geschlossen. Und da sich wegen der allseitig angrenzenden Häuser eine Erweiterung nicht anbot, blieb nichts anderes übrig, als den Friedhof an den Rand der Stadt zu verlegen. Mitten in die neue Anlage wurde eine Kapelle mit dem Namen „Zur Himmelspforte“ gebaut. Darauf weist die über dem Nordeingang der jetzigen Friedhofskirche angebrachte Steinplatte hin.

Das Aussehen dieses Kirchleins ist uns nicht bekannt. Ansichten darüber wurden leider bisher nicht gefunden. Trotz größerer Renovierungsarbeiten und Erweiterungen in den Jahren 1665 bis 1668 wurde das Gotteshaus immer wieder reparaturanfällig. Als 1744 erneut eine umfassende Renovierung anstand und man die Vorbereitungen dazu sogar schon eingeleitet hatte, kam man schließlich nach gründlichen Überlegungen dann doch zu dem Ergebnis, das sanierungsbedürftige Gebäude abzureißen und einen Neubau zu erstellen. So erfolgte in den Jahren 1746 und 1747 der Bau der jetzigen Friedhofskirche im damals üblichen Barockstil. Man errichtete einen „Saalbau zu vier Achsen und 5/8-Schluss mit Kreuzgratgewölben“ (Breuer, S. 25) und stichbogigen Fenstern.

Diese Kirche, die wie ihre Vorgängerin den Namen „Zur Himmelspforte“ trägt, ist das älteste Gebäude Münchbergs. Wegen ihres Standorts außerhalb der Stadt blieb sie von den verheerenden Stadtbränden verschont und diente der Kirchengemeinde mehrfach als „Ausweichquartier“, wenn die Stadtkirche aus welchen Gründen auch immer zu gottesdienstlichen Zwecken nicht benutzt werden konnte, zuletzt im Jahr 1960, als eine größere Kirchenrenovierung anstand. Die Kirche „Zur Himmelspforte“ hat eine harte und bewegte Geschichte hinter sich. Sie wurde oft zu militärischen Zwecken missbraucht (Quartier für Soldaten und Kriegsgefangene, Militärmagazin usw.) Sie wurde in der Barockzeit erbaut. Der Baustil will Ausdruck der Lebensfreude des 18. Jahrhunderts sein. Eine reichhaltige Innenausstattung der Kirchen und Kapellen, der Schlösser und Palais mit Stuck und Gemälden, mit Skulpturen und Reliefs kennzeichnet ihn ebenso wie prächtige Außenfassaden. So bedeutende Bauwerke wie die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, die Klosterkirche Banz oder die Würzburger Residenz stammen aus dieser Zeit.

Obwohl in der Friedhofskirche die für die Barockzeit charakteristischen Deckengemälde fehlen und der Innenraum unverhältnismäßig schlicht und einfach gehalten ist, weist die einzigartige Stuckdecke mit ihren filigranen Verzierungen ebenso auf diese Zeit hin wie die Emporen und der von dem Hofer Bildhauer Wolfgang Adam Knoll geschaffene und im Jahr 1751 aufgestellte Kanzelaltar. Die zwei auf ihrer Vorderseite von zwölf hölzernen Säulen getragenen Emporen ziehen sich an drei Seiten um das Kirchenschiff herum und sind über Holztreppen erreichbar. Ihre Brüstungen bestehen aus von Hand gedrechselten kleinen Holzsäulen, alles Unikate, die sich in Stärke und Form jeweils voneinander unterscheiden und beredtes Zeugnis von der heimischen Handwerkskunst geben. In der Mitte des Chorraums steht der bereits erwähnte Kanzelaltar, ein Markgrafenaltar mit vier gewundenen Säulen und der Kanzel in der Mitte, unmittelbar über dem Altartisch stehend.

Diese ist mit den Portraits der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes und deren Symbolen Stier, Löwe, Engel und Adler verziert. Hinter der Kanzel, quasi im ersten Stock des Altars, befindet sich eine kleine Stube, die ursprünglich wohl als Sakristei gedacht war, aber als solche zur Zeit nicht genutzt wird. Diesen Altar beschreibt Pfarrer und Senior Hans Mulzer (1933-1962), der sich mit der Geschichte der Münchberger Kirchen eingehend beschäftigt hat, wie folgt: „Die Blicke des Beschauers werden vor allem von einem Auge ganz oben angezogen, von dem aus leuchtende goldene Strahlen nach allen Seiten hingehen. Es soll die Gemeinde an das Auge des allwissenden Gottes erinnern, vor dem alle im Bewusstsein ihrer Schuld bekennen müssen: ‚So du willst, Herr, Sünden zurechnen, Herr, wer wird bestehen?’ (Ps 130, 3). Aber die Gemeinde wird nicht nur gemahnt, an ihre Schuld vor dem heiligen Gott zu denken, sondern sie wird auch auf den hingewiesen, der ihre Schuld auf sich genommen hat: Christus. Er steht auf dem Kanzeldeckel vor ihr als Christus, der seine durchbohrten Handflächen zeigt und dessen Haupt von einem goldenen Strahlenkranz umgeben ist.

Er ist der Herr, der durch Leiden und Sterben hindurch gegangen und als Sieger über Sünde, Tod und Teufel zur Rechten Gottes erhöht ist. Ihn verkündigt das Wort Gottes, das von der Kanzel gepredigt wird. Ihn bringt das Sakrament, das am Altar gespendet wird. Durch ihn empfängt der Christ Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit. Um seinetwillen tut sich über ihm der Himmel auf, der mit einem über dem Ganzen schwebenden Vorhang, unter dem kleine Engelsköpfe hervorschauen, angedeutet wird. Zwei große Engelsgestalten zur Linken und zur Rechten, die eine mit einem Köcher, in dem Pfeile stecken, die andere mit einem goldenen Kranze, deuten wohl an, was den Christen erwartet, wenn er seinen Lauf im Glauben vollendet hat“. (Mulzer, Nr. 12/1954). Das Epitaph an der Südwand des Chorraums erinnert an den Superintendanten Johann Adam Roth (1730-1758). Er hatte den Bau des Gotteshauses in die Wege geleitet. Dem Rothschen Epitaph gegenüber an der Nordwand des Chorraums steht das Neustettersche Grabmal, ein aus Trebgaster Sandstein gefertigtes Monument von drei Meter Höhe und zweieinhalb Meter Breite. Dieses älteste Kunstdenkmal der Kirchengemeinde, das bereits in der Vorgängerkirche seinen Platz hatte, stammt vermutlich aus dem Jahr 1590 und erinnert an den markgräflichen Kastner zu Münchberg Hans Neustetter und seine Familie. So führt uns die Kirche „Zur Himmelsporte“ auf Spuren in die Vergangenheit. Sie lädt uns aber auch ein zur Besinnung auf die Gegenwart und lenkt unseren Blick in die Zukunft bei den verschiedenen Gottesdiensten, Feiern des Heiligen Abendmahls, Andachten, Trauungen, Trauerfeiern, Konzerten und sonstigen kirchlichen Veranstaltungen. 

Literaturangaben

  • Mehrere Verfasser. „Alle hernach“ – Band 9 der Beiträge zur Münchberger Stadtgeschichte, Münchberg 2006.
  • Tilmann Breuer. Landkreis Münchberg, Band XIII der Schriftenreihe Bayerische Kunstdenkmals, München 1961.
  • Karl Dietel. Vierhundert Jahre Gottesackerkirche, in Blätter vom Fichtelgebirge und Frankenwald, Heimatbeilage der Münchberg-Helmbrechtser-Zeitung, Nr. 11/1956.
  • Hans Mulzer. Die Gottesackerkirche in Münchberg, in Evang. Gemeindeblatt für den Kirchenbezirk Münchberg, Nr. 11/1954, Nr. 12/1954 und Nr. 1/1955.