Das fünfte Gebot! „Du sollst nicht töten“:
Kein Problem für mich: die Nacktschnecke im Garten wird schon nicht gemeint sein, und sonst liegt mir das Töten ohnehin fern. Wirklich?
Wer ständig nur hetzt, tötet die Muße.
Wer ständig nur nimmt, tötet die Freude.
Wer ständig nur kritisiert, tötet die Gemeinschaft.
Wer ständig nur schwarz sieht, tötet die Hoffnung.
Es ist sehr weise, was durch die Gebote als Leitfaden für ethisches Handeln in der Bibel vorgegeben ist. So elementar, dass es ebenso für Nomadenvölker vor dreitausend Jahren wir für uns urbanisierte Bürgerinnen und Bürger des 21. Jahrhunderts Geltung haben kann.
Unsere Zeit, die nach Orientierung, Lebenssinn und Spiritualität geradezu ruft, braucht die 10 Gebote. Ich wünsche mir, dass wir den Mut haben, sie einzubringen, als Regeln für ein gutes Zusammenleben.
Die Gebote werden oft als die großen Freiheiten bezeichnet: Wir sind davon befreit, ständig zu nehmen, zu kritisieren, schwarz zu sehen! Wir dürfen auch einfach mal eine Meinung stehen lassen, unkommentiert, unkritisiert. Wir sind dazu befreit, ehrlich ins Gespräch zu kommen, und nicht hinterm Rücken schlecht zu reden. Wir sind dazu ermutigt, Unterschiede wertzuschätzen und von Vielfalt zu lernen. Kann es sein, dass es eine Bedeutung hat, dass wir zwei Augen und zwei Ohren, aber nur einen Mund haben?
Gottes Weisungen sollen die Freiheit schützen, Gerechtigkeit und Hoffnung schaffen. Um aus der Kraft der Hoffnung zu leben, muss man nicht bekennender Extremoptimist sein! Hoffnungssucher sind genauso wichtig wie Hoffnungsstifter. Nein, meine Hoffnungslosigkeit bekommt ihr nicht.
Hören wir auf, uns als Opfer von unfähiger Politik, ominöser Weltverschwörung oder was auch immer zu sehen: Es fängt ganz klein an, Akteur des eigenen Lebens zu werden, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Aber es hat ungeheure Auswirkungen.
„Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“, sagt uns Psalm 18. Zur Wahrheit gehört auch, dass jede Gesellschaft nur funktioniert, wenn viele etwas mehr tun, als sie müssten. Die Kraft dieser Hoffnung holt uns aus der Bequemlichkeit heraus. „Tut Buße und glaubt an das Evangelium“ (Markus 1). Buße heißt: Fang bei Dir selbst an!
„Die Welt ist im Eimer, der Mensch ist der Schurke und der Niedergang, der jederzeit in den Untergang umschlagen kann, ist eine ausgemachte Sache.“ – Ich erlaube mir, anderer Meinung zu sein! Die verdrießliche, bisweilen hysterische Grundstimmung unserer Zeit verkennt die Verhältnisse, in denen wir leben, und sie unterschätzt die Wandlungen und Revolutionen, mit denen die Geschichte noch jede neue Generation überrascht hat. Auch das Rettende wächst darin.
Womöglich kann sich, wie einst in der Renaissance, wie im Zeitalter der Aufklärung eine Situation einstellen, in der ein neues Bewusstsein für die Bedingungen des Lebens auf Erden mit sprunghaften Fortschritten im Technischen und Materiellen Hand in Hand gehen.
Wir haben keinen „lieben Gott“, aber einen „liebenden Gott“: er hat so vieles geschenkt, er gibt sich uns als Vorbild: Gott hat gegeben, bevor er etwas verlangt. Gott fordert nichts, bevor er selbst gegeben hat.
Das fünfte Gebot: Du sollst nicht ständig hetzen, ausschließlich nehmen, dauernd kritisieren, immer nur schwarz sehen. Das fünfte Gebot: Weisung zu einem besseren Leben. Umdenken tut Not. Und mehr noch: „Machen ist wie wollen: Nur krasser!“
(Gunther Maasberg)